Das Schiff heute

Die Originalkogge im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven

Das Vorbild der Kieler Hansekogge wurde 1380 an der Weser gebaut. Kurz vor der Fertigstellung ist der historische Neubau – höchstwahrscheinlich auf Grund eines Hochwassers – abgetrieben und gesunken. Im Oktober 1962 wurde das Wrack bei dem Bau des Europahafens entdeckt und in Einzelteilen geborgen. In der Zeit von 1972 bis 1979 wurde die Originalkogge im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven wieder aufgebaut.  Dort kann sie heute besichtigt werden.

Der Nachbau, die Kieler Hansekogge, hat ihren Heimathafen in Kiel und ist vor dem Schiffahrtmuseum zu finden. Die Kieler Hansekogge wird heute aktiv auf Vereinsbasis betrieben und die typischen Fahrtziele erstrecken sich ūber weite Teile der Ostsee. Interessierte Mitsegler sowie Chartergäste sind immer herzlich willkommen!

Rundgang an Bord

Der Nachbau der historischen Kogge wurde so originalgetreu wie möglich gehlaten. Einige Teile, die im Original nicht vorhanden waren, wie der Mast und der Rest der Takelage, mussten rekonstruiert werden. Wenige Details mussten geändert werden, um die Schiffssicherheit zu erhöhen oder um das Schiff für Fahrten besser nutzen zu können (z.B. wurde das Deck  wasserdicht gebaut). Die rekonstruierten Teile wurden hauptsächlich mit Hilfe alter Stadtsiegel und durch Erfahrungen aus  Wikingerschiffsnachbauten entworfen. Alle Änderungen, die aus Sicherheitsgründen oder zur besseren Zweckmäßigkeit gemacht wurden, sind so gestaltet, dass sie als Änderung erkennbar sind. So sieht man beim Deck von unten die Sperrholzplatten, die eingebaut wurden, damit das Deck wasserdicht ist. Genauso sind die Kojen und die moderne Toilette, sofort als Neuerungen zu erkennen.

 

Die Kogge auf dem Trockenen, der Rumpf ist hier gut zu erkennen.

Der Rumpf der Original-Kogge ist an der Steuerbordseite bis zum Kastell, auf der Backbordseite nur bis zu einem Drittel der Bordwand erhalten. Von der Reling am Kastell ist beim Original nur wenig vorhanden. Der Rumpf ist wie bei Koggen üblich im Boden kravel- und sonst klinkerbeplankt. Er hat einen flachen Kiel (ca. 3-7 cm). Auch ein gerader Vor- und Achtersteven sind “koggentypisch”. Die Kogge hat zur Erhöhung der Stabilität fünf Querbalken, deren Enden aus der Bordwand herausragen. Alle Verbindungen sind entweder mit Nägeln oder Holzdübeln ausgeführt worden. Der Rumpf ist so exakt wie möglich kopiert, beziehungsweise spiegelbildlich ergänzt worden. Auch die kleine Asymmetrie des Originals, ist beim Nachbau zu finden. Für den Nachbau wurden 56 m³ Eichenholz und ca. 11000 Nägel verwendet.

 

Die Takelage ist vollständig rekonstruiert, da beim Original weder Mast noch die übrige Takelage vorhanden waren. Lediglich die Löcher im Rüstbalken, an denen die unteren Enden der Wanten befestigt sind, waren vorhanden. Für die Rekonstruktion mussten auch hier Abbildungen auf alten Siegeln herhalten. Optimiert wurde das ganze mit Hilfe der Erfahrungen, die in Dänemark beim Segeln mit Nachbauten von Wikingerschiffen gesammelt wurden.

 

Die Kogge fährt derzeit mit ihrem 2ten Mast. Für den ersten Mast wurde eine etwa 30 m hohe Lärche im Jægersborgskov („Jägersburgwald“) mit Genehmigung des Dänischen Forstministeriums geschlagen. Der Jægersborgskov liegt nördlich von Kopenhagen. Der Wald wurde extra für solche Zwecke angelegt. Der Mast ist nach dem Bearbeiten 24 m hoch. Das Mastkreuz symbolisiert die “christliche Seefahrt” und friedliche Absichten. Der Flögel hat die Farben der Hanse, weiß über rot, die sich auch in vielen Wappen der Hansestädte wiederfinden. Da dieser Mast im Laufe der Jahre stark beansprucht wurde, hat sich der Verein Historische Hansekogge e.V. 2013 zum Kauf eines neuen Mastes entschieden. Es folgte eine lange Suche nach einem geeigenten Baum. Im Gegensatz zu den meisten moderneren Traditionsschiffen ist der Koggemast massiv und besteht nicht aus Leimholz. Erst nach Begutachtung vieler Bäume ist der Verein im Wiengebirge fündig geworden. Der Baum wurde von der Werft Modersitzki an der Schlei bearbeitet. Am 8. April 2015 konnte der neue Mast feierlich gesetzt werden.

 

P1020346klDas Segel besteht aus einem Hauptsegel und drei Bonnets, die am Unterlieg (der unteren Kante des Segels) befestigt werden. Das Hauptsegel hat ca. 100 qm und die Bonnets je 33 qm. Die gesamte Segelfläche ergibt fast ein Quadrat mit knapp 200 qm Segelfläche. Je nach Wetterlage kann es auf die Hälfte – durch Abnehmen der Bonnets – verkleinert werden.

 

Siegel von Elbing 1242 mit Heckruder

Das Ruder der Kogge ist wie bei vielen Schiffen auch heute, am Achtersteven angebracht. Dies war damals ein großer Fortschritt- vorher waren in Nordeuropa die Ruder seitlich am Rumpf befestigt (wie von Wikingerschiffen bekannt). Das Heckruder brachte eine stark verbesserte Manövrierfähigkeit. Bei dem Koggefund wurden die Ruderbeschläge, nicht aber das Ruderblatt gefunden. Doch konnte das Ruder auf Grund dieser Beschläge und Abbildungen auf zahlreichen Stadtsiegeln rekonstruiert werden. Das Ruder wird mit der sehr kräftigen Ruderpinne gelegt. Normalerweise genügt ein Mann dazu, nur bei starkem Seegang und Wind benötigt er Hilfe. Der Rudergänger kann nicht sehen, wohin er steuert, er bekommt seine Anweisungen vom Kastell ; er sieht nur das Segel, nach dem er steuern kann und hat – bei uns – einen Steuerkompass.

 

Siegel von Lübeck 1226 mit Seitenruder

 
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Im Winter 2005 wird das Deck gründlich überholt.

Die Decksplanken waren im Original nicht vernagelt. Nach heutigen Erkenntnissen waren die Planken nur lose aufgelegt, damit zur Be- und Entladung das Deck geöffnet werden konnte. Das bedeutet, dass das gesamte Wasser, das durch Regen oder durch den Seegang auf das Deck gelangte, durch das Deck auf die Ladung floss und sich dann in der Bilge (der tiefsten Stelle im Schiff) gesammelt hat. Also musste empfindliche Ladung anders, z.B. durch die Verpackung vor Feuchtigkeit geschützt werden. Beim Nachbau des Schiffes ist das Deck fest vernagelt und mit Sperrholz abgedichtet worden. Das Wasser gelangt aber auch hier vom Deck in das Innere des Schiffs, so dass nach starkem Regen gelenzt (das Schiff leergepumpt) werden muss.

 

Das Bratspill ist eine, aus einem Eichenstamm gearbeitete, Winde. Es wird, mit Hilfe von Spillspaken, von bis zu 8 Mann gedreht. Dazu werden je vier Spaken auf beiden Seiten des Spills in die Öffnungen gesteckt. Nun wird das Spill um eine viertel Umdrehung gedreht. Jetzt werden nacheinander erst die Spaken hinter dem Spill, dann die vor dem Spill eine Öffnung weiter gesetzt. Die nächste viertel Drehung kann jetzt folgen. Auf diese Weise können schwere Gegenstände gehoben werden. Messungen mit einer Federwaage ergaben, bei einem mittelkräftigen Team, 2,5t. Hier wird, mit Hilfe des Bratspills, die Rah gesetzt. Früher war das Spill bestimmt auch beim Be- und Entladen eine große Hilfe.

 

Das Gangspill

Das Gangspill wird zum Holen von Tauwerk verwendet. Hierzu wird das zu holende Tau z.B. eine Schot oder die Ankertrosse ein paarmal um das Spill gelegt. Dann werden bis zu sechs Spillspaken in dafür vorgesehene Öffnungen gesteckt. Mit den Spaken lässt sich nun das Spill drehen und das Tau wird geholt.

 

 

Das Kastell war in erster Linie zur Verteidigung gedacht. Zur damaligen Zeit wurden Schiffe häufig von Seeräubern (wie z.B. Störtebecker) und anderen gewinnsüchtigen Personen überfallen. Da man besser von oben nach unten kämpfen konnte, fing man an hohe Verteidigungsplattformen zu bauen.

 

 

 

Original

Die Toilette ist die älteste nachgewiesene Schiffstoilette. Auch diese wurde originalgetreu nachgebaut Für moderne Menschen befindet sich allerdings noch ein neumodisches Modell unter Deck.

Nachbau                          

 

Der Ballast vor dem Verlegen des Bodens

Die Steine, die hier zu sehen sind, sind der Ballast. Dieser ist nötig, damit der Schwerpunkt des Schiffes möglichst tief und das Schiff sicher im Wasser liegt. Aus Sicherheitsgründen ist er bei uns gegen das Verrutschen gesichert. Früher war das nicht der Fall. Bevor das Schiff beladen wurde, wurde der Ballast entfernt und durch die schwersten Teile der Ladung ersetzt. Nach dem Entladen musste wieder neuer Ballast geladen werden. Der gesamte Raum hier unter Deck war früher der Laderaum. Er wurde von unten bis dicht unter das Deck mit Ladung gefüllt. Bei uns ist er vorsichtig ausgebaut worden. Die größten Änderungen sind das wasserdicht gestaltete Deck und der ebene Boden unter dem der Ballast sicher gegen Verrutschen verstaut ist. Alle anderen Änderungen sind mit hellem Holz, oder so ausgeführt worden, dass sie als Neuerungen zu erkennen sind.


Die nicht ganz historische Navigation

So mittelalterlich das Schiff auch anmutet, so ist es doch ausgestattet mti modernster Technik um die heutigen Sicherheitsstandards zu erfüllen. Die ersten Jahre hatte das Schiff jedoch noch keinen Motor. Die Kogge wurde damals immer von einem ausgedienten Fischkutter, der Gotland, begleitet. Dieser war beim An- und Ablegen behilflich und schleppte die Kogge, wenn es mal sein musste. Da die Motorisierung keinen Einfluss auf die Segeleigenschaften haben sollte, kamen bei der Motorisierung Schottel Pumpjets zum Einbau. Diese sehen von außen wie Gullideckel in der Bordwand aus und schließen mit dem Rumpf eben ab. Der Jet saugt das Wasser in der Mitte an und stößt es seitlich gezielt wieder aus. Das Ganze lässt sich um 360° drehen, so dass sich ein Schub in jede Richtung erzeugen lässt. So lässt sich die Kogge mit den zwei Pumpjets auch quer bewegen. Angetrieben werden die Pumpjets von je einem sechs Zylinder Volvo Penta Motor mit 90kw.

Historisch waren Koggen im Wesentlichen ein Küstenfahrer. Seekarten im heutigen Sinne gab es zur Zeit unserer Kogge -Ende des 14. Jahrhunderts – noch nicht, wahrscheinlich hatte auch nicht jede Kogge einen Kompass. Man richtete sich nach Merkmalen an der Küste, wie Kirchen, Windmühlen und auffälligen Formationen. Es gab auch schon an wichtigen Stellen in den Fahrwassern einfache Tonnen, sowie hier und da Leuchttürme, auf denen ein offenes Feuer gezeigt wurde. Im übrigen war das Lot das wichtigste Hilfsmittel des damaligen Seefahrers. Im unteren Ende des Lotkörpers befand sich eine mit Talg ausgestrichene Vertiefung, mit der Bodenproben genommen wurden. Nicht zuletzt half dem Skipper und Steuermann die lebenslange Erfahrung, denn die Koggen befuhren meist das gleiche Fahrtgebiet. Wer lesen konnte, dem halfen auch schriftliche Segelanweisungen. Bei passendem Wind konnten die Koggen, wie wir erprobt haben, durchaus eine Fahrt von 6-7 Knoten laufen, kreuzen konnten sie jedoch nicht.

Unsere Kombüse

Die Kombüse auf unserer Kogge ist in dem Raum unter dem Kastell an der Backbordseite untergebracht, in dem wahrscheinlich auf der alten Kogge der Steuermann oder ein Passagier schlief. Selbstverständlich gab es früher keinen Gasherd wie bei uns. Wir wissen nicht wo und wie auf alten Koggen gekocht wurde. Da Verzeichnisse über die Verpflegung auf den Koggen überliefert sind, gilt es aber als sicher, dass damals an Bord warmes Essen zubereitet worden ist. Das Essen bestand vor allem aus Grütze, Hülsenfrüchten, Brot und Hartbrot, gesalzenem Fleisch und bestimmt auch Fisch, der unterwegs gefangen wurde. Auch lebendes Vieh wurde sicher mitgenommen. Die Koggen waren nie so lange in See wie die Schiffe späterer Zeiten. Deshalb kam es auch nicht zu -bei Vitaminmangel ausbrechendem-Skorbut, der Geißel der Seeleute vergangener Jahrhunderte.